
Gedanken wie Wolken ziehen lassen
oder: warum das manchmal gar nicht so leicht ist
Ich wage zu behaupten, dass "Lass deine Gedanken wie Wolken am Himmel ziehen" beziehungsweise eine Abwandlung wie "Die Gedanken wie Wolken am Himmel ziehen lassen." zu den meist gebrauchten Sätze in Meditationen oder in Zusammenhang mit Meditationen zählt.
Gedanken wie Wolken am Himmel ziehen lassen...
Es klingt so einfach. Es sagt sich so leicht!
Diesen Satz höre ich selbst oft in Meditationen und ich sage ihn auch selbst, wenn ich Meditationen anleite. Ich meine ihn aufrichtig, denn das Bild hat der am Himmel ziehenden Wolken hat Kraft und damit (für mich) Berechtigung. Und gleichzeitig weiß ich, wie schwer es sich manchmal anfühlt, es wirklich auch so umzusetzen. Ich habe selbst schon diesen Satz von der sanften Stimme in der Meditationsapp, die ich gelegentlich benutze, gehört und dann - je nach Tagesform - sowas wie "jahaha, schön wär's" oder auch "Ach, halt die Klappe" gedacht.
Wenn es um solche Gedanken-Wolken geht, hätte ich schon manchmal gerne welche in Form von Zuckerwatte. Würde ich aber in einer Meditation so einer Zuckerwatte-Wolke an meinem Gedanken-Himmel begegnen, würde ich sehr wahrscheinlich einfach nur Appetit bekommen und schon wäre es das wieder mal gewesen mit der versonnenen Meditation aus dem Lehrbuch.
Ich fände auch Schleierwolken, die fast unsichtbar vorbeihuschen, gar nicht mal so schlecht an meinem Gedanken-Himmel. Doch oft sind es Gewitterwolken, die in meinem Kopf kostenlos Quartier bezogen haben. Meine Gedanken-Wolken sind oft bereit, sich lautstark und nicht gerade fluchfrei zu entladen.
Und trotzdem:
"Die Gedanken wie Wolken am Himmel ziehen lassen."
Ich höre weiter zu. Ich sage es weiter. Denn in diesem Satz steckt mehr als eine meditative Metapher. Genauso wie jede Asana eine Metapher aufs Leben sein kann, sind auch die Gedanken-Wolken-Gleichnisse mehr als berechtigt. Das Bild wiederum ist mehr ist als ein nett gemeinter Gedanke. Gedanken zu beobachten, sie nicht festzuhalten oder zu bewerten, schenkt unserem Geist Raum zur Regeneration.
Gedanken kommen und gehen zu lassen, statt sie festzuhalten oder zu bewerten, gibt dem Geist die Möglichkeit zu regenerieren statt ständig zu reagieren. Gedanken verlieren zudem an Macht, wenn man sie einfach beobachtet, sowie (und so wie) wenn man die Gedanken nicht festhält und sich selbst auch nicht für diese Gedanken hält.
Wenn wir Gedanken nur betrachten und möglichst wertfrei beobachten, verlieren sie ihre Macht. Ich schreibe hier bewusst "möglichst wertfrei", weil ich aus eigener Erfahrung weiß, wie schwer das ist, frei vom und von Urteilen zu sein.
Dann gibt es da noch so einen Leitspruch: "Du bist nicht deine Gedanken."
Und auch da ist was dran. Wir haben nämlich einfach nur Gedanken - oder Wolken, wenn man wir mal bei dem Bild bleiben wollen. Was wir haben, sind all die Momente zwischen den Wolken! Zwischen zwei Gedanken entsteht Stille, Klarheit und Weite. Solche Momente ähneln einem Himmel nach einem Sturm, wenn das Licht wieder durchbricht und sich alles legt. Und vielleicht spüren wir dann in dieser Ruhe wieder mehr von unserem inneren Himmel. Denn der ist immer da. Er ist hinter all den Wolken, er ist zwischen den Wolken und vor allem ist er trotz all der Wolken da!
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