Yoga-Wellness ist nicht einfach

Veröffentlicht am 20. September 2025 um 13:19

Yoga ist mehr als Entspannung

Einfach mal eine Yogastunde und dann wird das doch wohl mit der Entspannung...

Das scheint der Gedanke mancher zu sein, die sich Yogastunden buchen. Vor allem wenn ich Yoga in der Großstadt vertrete, habe ich den Eindruck, dass Yoga nur einen weiteren Punkt auf vollen to do-Listen darstellt und die Erwartungshaltung groß ist, dass ein paar Yogahaltungen zaubern können, während man am sonstigen Leben nichts ändert. Vor allem aber ist der Ansatz spürbar, dass einen die Lehrperson zu ent-spannen hat, man selbst keinen Anteil oder nur einen geringen Anteil daran hätte. Und dann ist da diese Ent-Täuschung, dass Yoga doch nicht einfach so das Leben verzaubert (manchmal passiert sogar das Gegenteil).

Einerseits richtet es die eine Yogastunde pro Woche nicht, wenn man sich die wie vom Munde des dicht getakteten Terminkalenders absparen muss statt bestimmte Grundsätze im eigenen Leben mindestens zu überdenken. Andererseits ist Entspannung eine Eigenleistung und drittens ist Yoga nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen. Es ist nicht einfach sanftes Dehnen zu beruhigender Musik oder das Eintauchen in ätherische Düfte. Solche Augenblicke können wertvoll sein, doch sie zeigen nur einen kleinen Ausschnitt dessen, was Yoga wirklich bedeutet.

Genau hinschauen lohnt

Yoga darf unter anderem als Spiegel der Seele verstanden werden. Yoga ist Selbsterfahrung und damit geht, hoffentlich, das ein oder andere Mal auch die Selbsterkenntnis einher. Und beides wiederum ist nicht immer bequem.

Vollkommen egal, wie hübsch das Muster darauf ist, die Matte wird nicht selten zum Spiegel, der verborgene Anteile offenbart! Es zeigen sich innere Widerstände, die sich nicht einfach weg-atmen lassen. Es zeigen sich alte Muster, die sich hartnäckig halten trotz "lass los" bei jedem Ein- und Ausatmen. Es zeigen sich Zweifel, die leise nagen oder laut nach Aufmerksamkeit plärren, selbst wenn im Hintergrund die Klangschale tönt. 

Was einfach ist: einfach so taucht so etwas wie das eben beschriebene in der Yogapraxis auf. Klar, das ist nicht das, was wir als erstes mit Entspannung assoziieren, vor allem ist es spannend: Diese Aspekte erscheinen nicht, um uns zu quälen, sondern um gesehen zu werden. Yoga lädt uns ein, hinzuschauen statt wegzublicken.

Treff und Treffer fürs Ego

Wer regelmäßig Yoga praktiziert, trifft früher oder später (auf) sein Ego. Und das passiert auch, oder vielleicht gerade dann, wenn man Yoga rein als Sport betreiben möchte. Das Ego möchte dann oft mehr als gut ist für den Körper - was dann übrigens sogar in Verletzungsrisiken oder eben Verletzungen münden kann.

Und selbst für die wirklich schon achtsamen Yogis gilt: Das Ego ist der Teil in uns, der steuern, werten und sich beweisen will. Yoga bringt diese Dynamik immer und immer wieder ans Licht, Yoga lässt da nicht locker.

Das viel beschworene, nicht selten künstlich herauf beschworene Loslassen im Yoga klingt weich wie die meisten Yogalehrenden-Stimmen, ist aber ein innerer Kraftakt. Loslassen ist ein Prozess. Loslassen verlangt Kontrolle abzugeben, sich zu öffnen und auch Verletzlichkeit zuzulassen. Dieser Prozess braucht Mut und einiges mehr. Doch vor allem braucht er Geduld.

Es ist eine Reise

Und da zeigt sich wieder: Yoga ist ein Weg. Yoga ist keine Station, die man erreicht oder ein to-do, das man abhakt, sondern es ist eine fortwährende Reise. Auf diesem Weg lernen wir, in ehrlicher und liebevoller Beziehung zu uns selbst zu treten und auch die Anteile von uns anzunehmen, die wir selbst nicht toll finden. Und sehr richtig: annehmen ist was anderes als hinnehmen! Im besten Falle treten wir immer wieder auf unsere Yogamatte und die Erwartungen, Rollen und Zerrbilder treten in den Hintergrund.

Ergo, liebes Ego: Jeder Atemzug, jede Haltung und jedes Innehalten bringt uns so ein Stück näher zu uns selbst und diese Mühe lohnt sich!

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