Nirvana und Niyamas

Veröffentlicht am 28. Juli 2025 um 09:21

Es traf mich wie ein Gongschlag. Mitten auf einer Party wurde ich gefragt, ob ich spirituell bin.

Nun sind Partys - weil zu viele Reize, vor denen ich mich sonst verschließe - grundsätzlich nicht mein Ding, tiefergehender Smalltalk aber schon eher. Ich wurde also wieder munter. Ich hätte mich theatralisch aus dem Lotussitz entknoten, einen Schluck dampfenden Matcha nehmen und ein sinfonisches Om erklingen lassen können, um Klischees zu erfüllen. Hab ich aber nicht. Ich hab gelächelt und gesagt: „Ja, aber bodenständig spirituell.“

Was das heißt? Gute Frage. Ich gebe zu: Es fällt mir schwer, das und vielleicht auch mich zu erklären, weil ich nicht wie ein Esoterik-Labberpodcast in der 13. Staffel klingen möchte und gleichzeitig keine Worte dafür habe, warum ich ein gläubiger Mensch bin und doch nicht sagen kann, woran ich eigentlich glaube. 

Ich glaube an etwas Höheres und damit man es versteht, nenne ich es manchmal Universum, weil das so gebräuchlich in der Bubble rund ums Yoga ist und jeder, der in einem halbwegs sortierten Hugendubel mal am Selbsthilferatgeber-Regal vorbeigekommen ist, damit schon irgendwie was anfangen kann.

Dabei habe ich eigentlich gar kein Wort für mein "was auch immer"-Höheres. Woran ich glaube, ist etwas, das ich nicht benennen kann, nicht greifen und vor allem nicht begreifen kann. 

Unter mir die Erde. Über mir der Himmel. Dazwischen ich.

Und beiden genauso egal wie nicht einerlei. Das reicht mir zu wissen.

Ich bete nirgendwo hin. Ich finde Kali, die Göttin der Zerstörung, aber knorke. Ich finde es für mich persönlich zu unpraktisch, immer erstmal alles auszuräuchern. Ich rezitiere eher Songtexte als Mantras - Nirvana ist für mich halt vor allem eine Band.

Meine Spiritualität lebt nicht von Ritualen, sondern von Reflexion. Ich orientiere mich für mich vor allem an den Yamas und Niyamas, den ethischen Grundpfeilern des Yoga, folge ihnen aber nicht dogmatisch. Für mich sind es keine Regeln, sondern eher Handlungsempfehlungen und jedes einzelne eine Einladung zur Reflexion, also mich selbst zu hinterfragen. Das Ziel ist nicht Perfektion, sondern bewusst zu leben und bewusster durchs Leben zu gehen.

Ist das Spiritualität? Dann okay, ich bin spirituell.

Meine Spiritualität soll nicht abgehoben sein. Ich persönlich brauche keine Kristalle dafür, sondern nur Klarheit in mir. Spiritualität darf jede/jeder für sich leben. Meine Spiritualität darf alltagstauglich und bodenständig sein.

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