Yoga üben, nicht können

Veröffentlicht am 19. November 2025 um 15:46

oder: Kannst du Zähneputzen oder machst du es einfach?

Es ist wie das schönste Vinyasa, man kann es nicht oft genug wiederholen: Es heißt Yoga üben und nicht Yoga können.

Man übt Yoga. Man kann es nicht. Das ist kein sprachlicher Zufall. Yoga ist kein Wettbewerb, kein Raum für „höher, schneller, weiter“. Yoga ist ein Weg. Ein lebenslanger im besten Fall. Auf einem Weg darf man Pausen machen, Umwege gehen und sich immer wieder vergegenwärtigen, dass der Weg das Ziel ist.

Yoga ist üben statt können wollen

Aber irgendwie wollen alle Yoga können, beziehungsweise bestimmte Haltungen können - am liebsten die, die was "hermachen" (Spagat, Kopfstand, Handstand, you name it...).

Und dann ärgern wir uns, wenn etwas nicht klappt. Wir ärgern uns über uns selbst. Und so machen wir Yoga zu einer Disziplin, die vom Können abhängt. Das ist okay, das ist menschlich und es ist verständlich. Im Yoga haben wir da aber auch so jede Menge Binsen, die dagegenhalten: Es geht nicht darum, deine Zehen zu berühren, sondern darum, was du auf dem Weg nach unten lernst.

Es ist okay, im Baum zu wackeln und zu kippen. Es ist okay, wenn der eigene Hund im downward dog auf einen herabschaut. Es ist okay, sich den klassischen Sonnengruß nicht zu merken. Es ist okay! Das ist Yoga üben. Yoga ist nicht die Pose, die perfekt aussieht, sondern die innere Haltung, mit der ich wieder aufstehe, tief durchatme und weitermache.

Kontinuität statt Können

Das verrät auch der Blick in die Philosophie. Da taucht zum Beispiel das Wort Abhyasa auf, was für die kontinuierliche Praxis steht. Es geht nicht darum, eine Pose zu „können“, sondern darum, immer wieder zurückzukehren. Dieses „immer wieder“ ist der Kern. Nicht das Ergebnis, sondern die Wiederholung macht Yoga aus.

Es gibt nichts zu leisten

Nun leben wir heute aber in einer Gesellschaft, in der Können oft gleichgesetzt wird mit Leistung. Und wer etwas „kann“, der ist nach dieser Logik erfolgreich. Wer etwas „nicht kann“, eben nicht. Yoga stellt sich diesem Denken entgegen. 

Yogapraxis erinnert uns daran, dass Wert nicht im Ergebnis liegt, sondern im Prozess. Dass wir nicht besser werden, indem wir uns vergleichen, sondern wir besser mit uns selbst klar kommen, wenn wir uns auf uns besinnen. 

Yoga ist Praxis

Yoga ist eine Praxis. Niemand sagt: „Ich kann Zähneputzen.“ Wir tun es einfach. Genau so darf es mit Yoga sein! Yoga gehört ins Leben. Es ist eine Praxis, die uns begleitet, nicht eine gelernte Pose, die wir irgendwann abhaken. Yoga ist dann nicht so spektakulär wie es uns zum Beispiel social media gerne verkauft, es ist aber unverzichtbar.  

 

Übrigens, auch in Können Sein Lassen / Blog | jacobswegeyoga habe ich mich diesem Thema schon gewidmet.

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